Im Saarland standen zuletzt mehrere gesetzliche Regelungen von Werbeverboten zur Debatte. Das Bundesland wollte zum einen Handelsunternehmen und Discountern verbieten, für bestimmte Produkte zu werben. Tatsächlich wurde 2021 während der Corona-Pandemie auch ein Werbeverbot beschlossen und die Prospekte und Werbebroschüren wurden deutlich dünner. Doch das Gleichheitsgesetz war nicht berücksichtigt worden. Nach einer Klage wurde das Werbeverbot im Saarland schließlich gekippt.
Unabhängig davon wurde im gleichen Jahr ein Werbeverbot für Abtreibungen kontrovers diskutiert. Auch hierzu wurde 2022 ein Gesetz aufgehoben. Hier ist eine Übersicht zu den vergangenen Gesetzesvorhaben der saarländischen Landesregierung und zur aktuelle Regelung.
Das Schwerpunktprinzip der Einzelhändler
In ganz Deutschland gilt das Schwerpunktprinzip, auch im Saarland. Das Schwerpunktprinzip bedeutet, dass Einzelhändler ihre Produkte grundsätzlich frei auswählen und anbieten dürfen, solange sie sich dabei die gesetzlichen Rahmen für die Produktqualität und für deren Verkauf halten (etwa Öffnungszeiten oder Altersbeschränkungen). Das bedeutet, dass auch Discounter, Supermärkte und SB-Warenhäuser in der Regel unbegrenzt ihr Sortiment anbieten dürfen, solange die angebotenen Produkte den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Das Schwerpunktprinzip besagt, dass das Sortiment eines Einzelhändlers nicht nur aus einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Produktgruppe bestehen darf. Stattdessen müssen verschiedene Produkte und Produktgruppen angeboten werden, um eine ausreichende Auswahl zu gewährleisten.
Es ist jedoch zu beachten, dass es auch im Einzelhandel bestimmte Produktgruppen gibt, deren Verkauf besonders streng geregelt wird, z.B. beim Verkauf von Alkohol, Tabak oder anderen Waren an Minderjährige. Zudem gibt es branchenspezifische Vorschriften, die z.B. den Verkauf von Lebensmitteln, medizinischen Produkten, Medikamenten oder Kosmetika regeln.
Aus Freiwilligkeit wurde ein strenges Gesetz
Im Saarland entstand Anfang 2021 eine kontroverse Debatte über Wettbewerbsverzerrung, weil bestimmte Händler alles Mögliche an Waren und Produkten verkaufen und dafür werben, andere Geschäfte aber eine starke Einschränkung bei ihrem Produktangebot hinnehmen müssen. Daraufhin stand eine freiwillige Verpflichtung im Raum: Die Händler sollten freiwillig auf Werbeaktionen verzichten, die nicht zum normalen Angebot ihres Sortiments gehören.

Allerdings kam auch die Corona-Pandemie zu dieser Zeit hinzu und übte zusätzlichen Druck auf Politiker aus, bestimmte Verordnungen zur Eindämmung der Verbreitung von Viren zu erlassen. Ab dem 22. Februar 2021 sollte dann ein Verbot inkrafttreten:
Die Landesregierung im Saarland beschloss ein Werbeverbot für «Dinge des nicht-täglichen Bedarfs». Damit war vor allem Aktionsware gemeint und die Maßnahme sollte verhindern, dass die Menschen in die Discounter-Märkte strömen und sich mit vermeintlich unnötiger Ware einzudecken. Die Wirtschaftsministerin des Landes wollte auf diese Weise «Kontakte vermeiden», um die Pandemie zu kontrollieren.
Bei Zuwiderhandlungen gegen das Werbeverbot drohten Bußgelder zwischen 1.000 und 10.000 Euro. Das Gesetz schien tatsächlich praktikabel und große Teile der Branche hielten sich an das Werbeverbot. So informierte der Discounter Aldi Süd in einer Mitteilung, dass es keine Prospekte mehr verteile. Die saarländische Handelskette Globus verzichtete ebenfalls über mehreren Wochen auf Reklame, insbesondere für Nonfood-Produkte wie Kleidung, Schuhe oder Spielzeug.
Oberverwaltungsgerichts sah Verstoß gegen Gleichheitsgesetz
Das Gesetz hielt aber gerade mal knapp einen Monat stand. Denn nicht alle Geschäfte und Händler waren mit dem Gesetz glücklich, insbesondere, weil mit Wiedereröffnungsplan entstand bei vielen Selbstständigen und Unternehmern ein Gefühl von Ungleichheit und Willkür. Während Buchhandlungen, Blumenläden und Gartenmärkte wieder für Laufkundschaft öffnen durften, mussten andere Geschäfte geschlossen bleiben.
Mit einem Beschluss des saarländischen Oberverwaltungsgerichts (OVG), dass alle Einzelhandelsgeschäfte auf Grundlage des Gleichheitsgesetzes wieder öffnen können wurde auch das Werbeverbot schon im März 2021 wieder hinfällig.
Verbot von Aufklärung für Abtreibungen aufgehoben
Eine andere ethische Debatte ist schon etwas Älter und geht auf das Jahrzehnte alte Gesetz nach $ 219 StGB zurück:
Der Paragraf 219a verbot bis zum Jahr 2022 die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Allen Praxen und Kliniken war es also untersagt, ausführlich über unterschiedliche Methoden der Abtreibung zu informieren.
Dieses Werbeverbot war jedoch umstritten und stieß auf Kritik von verschiedenen Seiten, darunter von Ärzteverbänden und Frauenrechtsorganisationen. Gegner des Gesetzes argumentierten, dass es Frauen den Zugang zu wichtigen Informationen erschweren würde und dass die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung eine persönliche und private Angelegenheit sein sollte.
Am 24. Juni 2022 schließlich hat der Deutsche Bundestag beschlossen, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche nach § 219a StGB aufzuheben. Damit soll es Ärztinnen und Ärzte in Zukunft erlaubt sein, auf ihrer Website sachlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und welche Methoden sie dafür anwenden. Bis zur Aufhebung des Verbotes mussten die Mediziner mit strafrechtlichen Verfolgung rechnen, wenn sie solche Informationen öffentlich im Netz bereitstellen wollten.
Wichtig: Bei der Aufklärung von Patientinnen sowie der Bereitstellung von Informationen auf der Praxiswebseite müssen Ärzte weiterhin die strengen Regeln zur verbotenen bzw. erlaubten Arztwerbung einhalten. Außerdem gilt weiterhin: Die Abtreibung ist in Deutschland gemäß § 218 Strafgesetzbuch (StGB) grundsätzlich illegal und für alle Beteiligten strafbar. Es gibt jedoch Ausnahmeregelungen, die einen Schwangerschaftsabbruch möglich machen und unter bestimmten Indikationen straffrei bleiben.
Das Thema bleibt weiterhin umstritten und es haben sich einige Bündnisse und Initiativen für Reproduktive Selbstbestimmung gegründet, die für Frauenrechte und insbesondere für die freie Entscheidung über den eigenen Körper werben.
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